Dienstag, 30. September 2014

IS provoziert Türkei zum Kriegseintritt

IS-Kämpfer umzingeln 36 türkische Soldaten

Die Terrormiliz IslamischerStaat (IS) hat nach einem Medienbericht ein von türkischen Soldaten bewachtes Mausoleum in Syrien umstellt. 

Die regierungsnahe Zeitung "Yeni Safak" berichtet unter Berufung auf arabische Stammesführer, rund 1100 IS-Kämpfer hätten die 36 türkischen Soldaten am Montagabend eingekesselt. Das Grab liegt rund 30 Kilometer südlich der umkämpften syrischen Stadt Kobane. Deren Einwohner fürchten ein Massaker, falls es dem IS gelingt, die Stadt zu erobern.

Das Mausoleum von Süleyman Shah, dem Großvater des ersten osmanischen Sultans, liegt innerhalb Syriens auf einem exterritorialen Stück Land, das zur Türkei gehört. IS hatte bereits im März gefordert, dass die Türkei ihre Soldaten vom Mausoleum abzieht. Die Regierung in Ankara lehnte das ab und warnte, ein Angriff auf das Gelände werde als Angriff auf die Türkei gewertet. 

Das Parlament in Ankara will am Donnerstag über Resolutionen entscheiden, mit denen die Regierung ermächtigt wird, militärisch gegen Terroristen in Syrien und im Irak vorzugehen. 

Einwohner von Kobane fürchten Massaker

Die Extremisten kontrollieren bereits Dutzende Dörfer im syrischen Grenzgebiet zur Türkei. Am Dienstagmorgen habe das von den USA geführte Bündnis zwei Dörfer westlich und östlich von Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Dabei seien 13 IS-Kämpfer getötet worden. In kurdischen Medien hieß es, die heftigen Kämpfe um die Stadt gingen weiter.

"Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Waffen. Wir brauchen effektivere Luftschläge", 

sagte Idriss Nassan aus Kobane gegenüber dem US-Fernsehsender CNN. Wenn es so bleibt,

"werden wir ein Massaker sehen". 

Am Montag hatten Augenzeugen beklagt, die Luftangriffe seien zu weit weg von der Front.

Die IS-Terrormiliz versucht seit Tagen, Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) einzunehmen. Augenzeugen berichteten, die Türkei habe ihre Militärpräsenz an der Grenze verstärkt und Panzer auffahren lassen. Die Extremisten seien nur noch vier bis sieben Kilometer von dem Ort entfernt, sagte der Präsident der selbst ernannten Regionalregierung von Kobane, Anwar Muslim. Bei CNN ist von drei Kilometern die Rede.

Artilleriebeschuss aus allen Richtungen

Die Extremisten griffen Kobane aus allen Richtungen an, sagte Anwar Muslim am Telefon. Sie beschössen die Stadt mit schwerer Artillerie. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, mindestens drei Menschen seien dabei ums Leben gekommen und weitere verletzt worden. Die Terrormiliz habe am Montag 17 Granaten auf das Zentrum von Kobane abgefeuert.
Vor mehr als einer Woche hatten die Dschihadisten Dutzende Dörfer im Umland von Kobane unter ihre Kontrolle gebracht und eine Massenflucht Richtung Türkei ausgelöst. Die Orte liegen an der türkischen Grenze in einer Enklave, die von den kurdischen Volksschutzeinheiten beherrscht wird. Die Terrormiliz kontrolliert im Norden und Osten Syriens bereits rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im Irak beherrscht sie riesige Gebiete.

Granaten in der Türkei eingeschlagen

Auf der türkischen Seite der Grenze schlug erneut mindestens eine Mörsergranate aus der umkämpften syrischen Region ein. Im Distrikt Suruc sei ein Geschoss auf freiem Feld detoniert, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Schon am Sonntag waren mehrere Granaten auf der türkischen Seite der Grenze eingeschlagen, eine davon in einem Wohnhaus.

Die US-Armee hatte Anfang vergangener Woche ihre Angriffe auf die Extremisten vom Irak auf Syrien ausgedehnt. Bisher flogen die USA mindestens 229 Luftangriffe im Irak und 59 in Syrien, berichtete CNN. Fünf arabische Staaten unterstützen die USA dabei. Ziel der USA ist es, den IS in beiden Ländern zu zerstören. Sie wollen dazu auch gemäßigte syrische Rebellen ausrüsten und ausbilden.

Bereits gestern hatte der neu gewählte  der Staatspräsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, zum erstenmal den Kriegseintritt der Türkei auf Seiten der neuen Anti-IS Allianz angekündigt.

Der Druck aus dem Westen, insbesondere aus den USA, sich am Kampf gegen den IS zu beteiligen, hat offensichtlich eine Kehrtwende in der türkischen Politik bewirkt. Bislang wollte Ankara dem Anti-IS-Bündnis nicht beitreten und erlaubte nicht einmal die Nutzung türkischer Luftwaffenstützpunkte, um von dort Angriffe auf den IS zu fliegen.

Jetzt sagt Erdogan, die Türkei dürfe sich "bei der Gegenoffensive nicht heraushalten".
  • Anfangs hat Ankara nur humanitäre Hilfe zugesagt, unter anderem die Aufnahme weiterer Flüchtlinge. Derzeit leben nach offiziellen Angaben mehr als 1,5 Millionen Menschen aus Syrien in der Türkei, Tendenz steigend. Erdogan beklagt, die EU müsste sich stärker engagieren, auch finanziell. Die Türkei will aber weiterhin Flüchtlinge aufnehmen.
  • Möglicherweise wird die Türkei, anders als die USA und ihre bisherigen Verbündeten, die lediglich Luftschläge fliegen, Bodentruppen in Syrien einsetzen. Angriffe aus der Luft allein seien nicht ausreichend, um die Militanten zu besiegen, sagte Erdogan.
  • Eine Sicherheitszone für Flüchtlinge soll auf syrischem Territorium geschaffen werden. Dieses Gebiet soll von türkischen Soldaten bewacht werden.
  • Zusätzlich könnte ein Sicherheitspuffer eingerichtet werden, in der ein Flugverbot gilt. Auch hier könnte die türkische Armee die Kontrolle übernehmen, sagte Erdogan.
Wir dürfen alle gespannt sein, wie die Kurden sich mit der Türkischen Armee vertragen wird, wenn es um die Bekämpfung der Bedrohung durch das neue Kalifat geht.

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